"Wir leben in einer schweren Zeit"
Alois Grimm wurde am 24. Oktober 1886 als Sohn des Landwirts Franz Alois Grimm und dessen Ehefrau Maria Theresia Grimm (geb. Düll) in Külsheim geboren. Er wuchs mit fünf Geschwistern auf dem Bauernhof der Familie auf.
Entgegen dem Willen des Vaters, der Alois gerne als seinen Nachfolger auf dem heimatlichen Hof gesehen hätte, verfolgte der Junge schon früh einen akademischen Bildungsweg, besuchte zunächst die Volksschule, nahm private Unterrichtsstunden und besuchte ab Herbst 1901 das Gymnasium in Tauberbischofsheim. 1907 legte er das Abitur mit sehr gutem Erfolg ab.
Im selben Jahr trat Alois Grimm in den Jesuiten-Orden ein. Nach einem zweijährigen Noviziat begann er 1909 einen philosophisch-theologischen Lehrgang in der Studienanstalt des Ordens in Valkenburg. Sein Studium wurde durch eine vierjährige Lehr- und Erziehungstätigkeit an der Stella Matutina, der Jesuitenschule in Feldkirch in Österreich, und durch den freiwilligen Kriegsdienst als Krankenpfleger in Frankreich und Belgien unterbrochen. Nach der Priester-Weihe 1920 verbrachte er weitere Ausbildungsjahre in Florenz, Rom und Wien. In Heidelberg schloss er 1926 sein Studium mit dem Staatsexamen in Latein und Griechisch und der Gesamtnote „Gut“ ab. Nach dem Studium arbeitete er bis 1934 erneut an der Stella Matutina.
Nach der sogenannten Machtergreifung der Nationalsozialisten verhängten diese im Frühjahr 1933 die Tausend-Mark-Sperre über Österreich. 1934 konnten die deutschen Schüler und ihre Lehrer deshalb nicht mehr an der Stella Matutina verbleiben. Weil die Spinnerei in dem ehemaligen Benediktinerkloster in St. Blasien durch die Wirtschaftskrise zum Erliegen gekommen war, bot sich die Möglichkeit, die leeren Fabrikgebäude als Jesuitenkolleg zu nutzen. Am 16. August 1933 kam es dank großen Einsatzes des Industriellen, Zentrumspolitikers und späteren NS-Opfers Albert Hackelsberger zum Kauf und zu Umbauarbeiten.
Von einem Spitzel in die Falle gelockt
Am 21. März 1934 traf Alois Grimm zusammen mit Direktor Faller im neuen Kolleg St. Blasien ein. Am 18. April 1934 begann das Schuljahr mit 300 Schülern, davon 190 von der Stella Matutina. Die Arbeit war dabei stets von Bespitzelungen und Anfeindungen durch die nationalsozialistischen Machthaber begleitet.
Grimms „Versuch eine Jugendorganisation zu schaffen, die den Belangen des Staats und der Kirche Genüge tut“, erwies sich laut seinen Mitbrüdern, als zum Scheitern verurteilt. Im Februar 1936 wurde der Rektor des Kollegs, Pater Hugger, verhaftet. Am 02. August 1937, ging Grimm in einem Brief auf die Herausforderungen ein: „Wir leben in einer schweren Zeit. Unsere Verantwortung vor Gott und den kommenden Jahrhunderten wird groß sein“. Nach vier Jahren schlossen die Nationalsozialisten das Kolleg. Im Dezember 1938 wurde angeordnet, dass zum Schuljahresende 1939 sämtliche Schüler zu entlassen seien. Alois Grimm verließ daraufhin Deutschland.
In Tisis in Österreich unterrichtete er weiterhin Latein, Griechisch und Deutsch, arbeitete in der Seelsorge in Feldkirch und im Auftrag der Wiener Akademie für Wissenschaften an der Ambrosiasterforschung. Nachdem im Herbst 1940 auch das Tisiser Exerzitienhaus von den Nationalsozialisten geschlossen wurde, kam Alois Grimm im Pfarrhaus in Tisis als Gast von Pfarrer Gunz unter. Trotz eines Sonderverbots des Gauleiters Hofer blieb er im Kontakt mit der Feldkircher Jugend. In dieser Zeit zeigte Grimm in seinen Predigten immer energischer den Gegensatz zwischen Christentum und Nationalsozialismus auf: „Vor der göttlichen Autorität Christi muss jede menschliche Autorität, wäre es auch die eines Volkes, zurücktreten!“.
Im Frühjahr 1943 bat ein Spitzel der Gestapo um Konvertitenunterricht bei Alois Grimm, um ihn in eine Falle zu locken. Trotz Warnungen schenkte Alois Grimm dem vermeintlichen Glaubenssucher Gehör. Etwa ein halbes Jahr lang gab er ihm Unterricht, bis er einen zweiten Mann, einen angeblichen Freund, mitbrachte, welcher sich vom – „Nationalsozialismus angeekelt“ – für den katholischen Glauben interessiere. Dieser stellte sich später als Gestapo-Offizier heraus, der im Volksgerichtsverfahren Zeuge sein sollte.
Pater Alois Grimm SJ wurde am 11. September 1944 hingerichtet
Am 14. Oktober 1943 wurde Alois Grimm nach einer Messe von Gestapobeamten erwartet und über Innsbruck noch am selben Tag nach München geschafft. Von dort aus konnte er am 25. Oktober 1943 in einem Brief an seinen Provinzial, den Leiter seiner Ordensprovinz, Pater Rösch, über seine Verhaftung berichten, bevor er nach Berlin gebracht wurde. Trotz vieler Bemühungen der Familie blieben ihre Versuche der Kontaktaufnahme zunächst lange erfolglos und gestalteten sich danach als schwierig. Gegen den zu diesem Zeitpunkt bereits stark abgemagerten Alois Grimm lief ein Prozess vor dem Volksgerichtshof. Am 21. Juni 1944 konnten seine beiden Schwestern, beides katholische Ordensfrauen, ihn noch einmal besuchen. Am 12. August 1944 fand der Prozess, der der „Geheimen Reichssache“ unterlag, statt. Da Grimm seine Selbstverteidigung auf einem Zettel notierte und einem Brevier beilegte, welches nach seinem Tod seinen Angehörigen ausgehändigt wurde, erfuhr die Familie nachträglich von den erhobenen Anschuldigungen. Alois Grimm wurde wegen „Defaitismus und Wehrkraftzersetzung“ zum Tode verurteilt. Kurz vor seinem Tod schrieb er einen Abschiedsbrief an seine Geschwister und Verwandten und einen an Pater Hans v. Galli SJ und seine jesuitischen Mitbrüder. Pater Alois Grimm SJ wurde am 11. September 1944 hingerichtet, weil er öffentlich für seinen Glauben einstand, Kritik am Nationalsozialismus geäußert hatte und statt zu misstrauen, anderen Menschen, die sich hilfesuchend an ihn gewandt hatten, seine Hilfe angeboten hatte. Sein Vertrauen wurde missbraucht. Sein Glauben und sein Vertrauen in Gott blieben ihm bis zur letzten Stunde erhalten.
Bei ihrem folgenden Besuch wurde den beiden Schwestern Grimms nur noch die Nachricht von dessen Tod überbracht. Nach dreitägigem Warten wurden ihnen die Urne, die Abschiedsbriefe und Grimms Habseligkeiten überreicht.
Seine sterblichen Überreste wurden zunächst in Berlin beigesetzt, später nach Pullach überführt und zu einem Hauptreffen der Altsanktblasier im September 1949 wurde die Urne schlussendlich am Kolleg St. Blasien feierlich beigesetzt, wo sie sich heute noch befindet.
Recherchen von Alexia Kohlbrenner