Gustav und Hulda Grumbach: St. Blasien

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Gustav und Hulda Grumbach

Flucht aus St. Blasien

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Flucht aus St. Blasien

Gustav Grumbach wurde am 25.09.1867 in St. Blasien als Sohn von Moritz Grumbach und Regina Grumbach (geb. Wolf) geboren. Am 08.06.1897 heiratete er Hulda Dreifuss aus Zürich (geb. 09.05.1873), mit der er drei Kinder hatte: Alfred Grumbach(später Bach) (31.03.1898), Hugo Grumbach (02.03.1899) und Gertrude Grumbach(verh. Jacobi) (01.02.1909). Hugo Grumbach heiratete am 14.09.1930 Lili Günzburger(27.06.1908). Nach der Geburt von Hugos und Lilis Tochter Ellen Grumbach (21.06.1931) wählte auch diese Familie St. Blasien zum Lebensmittelpunkt.

Gustav Grumbachs Eltern, Moritz und Regina Grumbach, hatten spätestens seit den 1860er Jahren in St. Blasien gelebt, wo bereits 1863 ihr erster Sohn Jakob (23.04.1863) geboren worden war. Sie führten ab 1870 ein Textilgeschäft, das 1890 zunächst von Jakob, und – vermutlich nach dessen Tod – 1893 von seinem Bruder Gustav weitergeführt wurde. Die Geschäftsräume für das Kaufhaus Gustav Grumbach hatten Gustav und Hulda ab 1903 in der Hauptstraße gemietet, wo man mehrere Angestellte beschäftigte. Zum Geschäft gehörte auch ein Schifffahrtsbüro der Norddeutschen Lloyd, das Reisen von Bremen nach Amerika, Afrika, Australien und Ostasien anbot.

Gründung der Motorwagen-Gesellschaft St. Blasien

1904 gründete Gustav Grumbach mit dem St. Blasier Unternehmer Josef Weißenberger die Motorwagen-Gesellschaft St. Blasien. Ihr Ziel war es, den Kurort St. Blasien besser anzubinden und Rundfahrten durch den Schwarzwald zu ermöglichen. Die wohl prominentesten Fahrgäste waren das Großherzogpaar Friedrich I. und Luise von Baden, die sich 1907 mit ihrer ersten Fahrt mit dem Automobil sehr zufrieden zeigten. Die Geschäftsführer erweiterten sukzessive die Verbindungen. Es wurde nicht nur Titisee, Waldshut, Feldberg und Menzenschwand, sondern auch das Höllental, Freiburg und der Schauinsland angefahren. 1921 erwarb die Reichspostverwaltung das Unternehmen und verstaatlichte es.

Gustav Grumbach war im Verkehrsbeirat der Kraftfahrstelle des Postamtes, Mitglied des Verkehrsausschuss von St. Blasien, im Ausschuss des Finanzamtes Neustadt und im Beirat der IHK Freiburg. Außerdem war er Zugführer der Feuerwehr St. Blasien, von welcher er mehrere Auszeichnungen für seine über 30-jährige Dienstzeit verliehen bekam, und Gründungs- und Ehrenmitglied des Turnvereins St. Blasien. Im Jahr 1906 wurde Gustav außerdem zum Geschworenendienst und im Jahr 1909 vorübergehend zum Stadtrat St. Blasiens bestellt. 1923 gründete das Ehepaar Gustav und Hulda Grumbach anlässlich ihrer 25-jährigen Ehe und des 30-jährigen Geschäftsjubiläums des Kaufhauses eine Stiftung zur Unterstützung der Armen in St. Blasien, die 1929 im Zuge der Inflation aufgelöst wurde.

Familie erhielt schon früh Drohbriefe mit Zeichnungen von abgeschnittenen Köpfen

In den 1920er Jahren machte Gustav Grumbach seine beiden Söhne Alfred und Hugo, die beide im Ersten Weltkrieg für Deutschland gedient hatten, nacheinander zu Teilhabern des Geschäfts, das somit zum Familienbetrieb in dritter Generation wurde. Gustavs Tochter Gertrude arbeite nach ihrer Schulzeit, die sie unter anderem in einem Schweizer Internat verbracht hatte, in der Buchhaltung und Geschäftsführung. In mehreren Orten im Südschwarzwald gab es Verkaufsstellen und Kommissionsauslagen.

Nachdem die Gewerbesteuerleistungen in den 1920ern stetig angestiegen waren, gingen die Umsätze in den 1930er Jahren deutlich zurück. Bereits vor der sogenannten Machtergreifung der Nationalsozialisten erhielt die Familie Grumbach Drohbriefe mit Zeichnungen von abgeschnittenen Köpfen. Das Geschäft von Gustav Grumbach sowie weitere Geschäfte jüdischer Besitzer wurden im Zuge des Boykotts im März 1933 durch die SA beschmiert. Gustav Grumbach und sein Sohn Hugo wurden als Juden im Frühjahr 1933 in St. Blasien verhaftet und gemeinsam mit ehemaligen Mitgliedern der Zentrumspartei zunächst in einen Steinbruch gebracht. Die Gefangenen wurden nach einigen Stunden freigelassen, da das Gefängnis Waldshut überfüllt war.

Angesichts dieser Ereignisse entschied sich die Familie zur Flucht. Im Juni 1933 trafen Gustav, Hulda, Hugo, Gertrude, Lili und Ellen in Zürich Alfred, der Deutschland bereits zuvor von Berlin aus verlassen hatte. Gustav Grumbach wurde die deutsche Staatsangehörigkeit aberkannt und er wurde aus der Feuerwehr ausgeschlossen. Im Sommer 1933 erfolgte eine vorübergehende Beschlagnahmung des gesamten Vermögens. Das Geschäft wurde in den nächsten Monaten kommissarisch weitergeführt und schließlich verkauft.

Hulda stirbt auf der Flucht an einer Lungenentzündung

Die Flucht führte die Familie nach Straßburg, wo Hulda Grumbach am 07.01.1934 an einer Lungenentzündung starb. Laut ihrer Nachkommen habe ihr die Flucht und der Verlust der Arbeit mit der Kundschaft das Herz gebrochen. Gustav floh mit Gertrude sowie mit Hugo, Lili und Ellen weiter nach Manchester in England.

Nachdem dort Hugos und Lilis zweite Tochter Doreen, („Dodi“, 28.05.1936) geboren worden war, verließen Hugo und Lili mit ihren beiden Töchtern 1939 Europa und ließen sich zunächst in Toms River, New Jersey, nieder, wohin ihnen Gustav wenig später folgte. Pläne, in den Westen der USA umzuziehen, wurden durch eine plötzliche Erkrankung Hugos zunichte gemacht, an deren Folgen er 1947 – im selben Jahr wie sein Vater Gustav – starb. Gustav Grumbach starb auf einer Besuchsreise bei Alfred in Port Elizabeth.

Die Nachfahren der Familie Grumbach sind heute über den Globus verteilt. Die Stadt St. Blasien bleibt für sie ein wichtiger Bezugspunkt und Erinnerungsort.

Recherchen von Viktoria Hippach

 

     

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